Foto: Dirk Trautmann
Die freiwillige Feuerwehr muss seit zwei Jahren mit einem Provisorium leben. Aus der Übergangslösung wurde ein Dauerzustand. Klamme Kassen setzen den Fortbestand der Truppe aufs Spiel.
Von Holk Dohle
erschienen am 29.06.2018
Hohndorf. Die Hohndorfer Feuerwehrleute haben die Faxen dicke. Seit zwei Jahren müssen sie mit einem Provisorium leben. Seit bei dem Brand am 24. Juni 2016 im Möbelhaus Vogler auch das Depot im Anbau mit zerstört wurde, hat die Freiwillige Feuerwehr Hohndorf keine Heimstätte mehr und muss mit Notunterkünften auskommen.
Die Situation: Das Löschfahrzeug steht in einer ehemaligen Werkstatt an der Siedlungsstraße. Auf engstem Raum ist dort auch die Ausrüstung der 27 Männer und drei Frauen starken Truppe untergebracht. Das Motorrad der Rettungskräfte passt gerade so in die Ecke. Umkleideräume, Toiletten oder Waschgelegenheiten, um sich nach einem Einsatz frisch machen zu können, gibt es nicht. Der Mannschaftstransportwagen, ein VW-Bus, muss ein paar hundert Meter weiter in einer anderen Garage abgestellt werden. Für mehr ist dort kein Platz. Schulungsraum und Büro befinden sich im Mehrzweckraum der Gemeinde, das Kleiderlager im Glockenturm der Schule.
Der Wehrleiter: Für Rocco Schreiter sind das untragbare Zustände. „Aus der Übergangslösung ist ein Dauerzustand geworden. Das kann nicht mehr so weitergehen“, sagt der Wehrleiter. Zwar habe seine Mannschaft trotz dieser Missstände bei Einsätzen stets die Ausrückzeit halten und die Aufgaben erfüllen können, so der 40-Jährige weiter. Allerdings hätten einige Kameraden schon mit dem Austritt aus der Wehr gedroht. „Sie fühlen sich verarscht, denn seit zwei Jahren hat sich nichts getan.“
Der Bürgermeister: „Das ist verständlich“, kann Großolbersdorfs Bürgermeister Uwe Günther den Frust der Rettungskräfte nachvollziehen. Der Neubau eines Feuerwehrdepots im Ortsteil Hohndorf stehe seit dem Unglück im Sommer 2016 ganz oben auf der Dringlichkeitsliste der Gemeinde. Ein von der Berufsgenossenschaft der Feuerwehr geprüfter Plan für das Projekt liege vor, jedoch sei die Finanzierung nicht geklärt.
Die Kosten: Rund 1,1 Millionen Euro würde der Neubau neben der Turnhalle an der Alten Marienberger Straße kosten. „Die Regelförderung durch den Landkreis beträgt 360.000 Euro“, sagt der Bürgermeister. Die Gemeinde müsste also einen Eigenanteil von rund 700.000 Euro aufbringen. „Ein großer Batzen“, trotz des Geldes von der Versicherung für das alte Depot, verweist Günther auf die klamme Gemeindekasse. In dringenden Fällen könne der Bau jedoch auch zu 90 Prozent gefördert werden, sagt Günther. Vor acht Wochen habe er eine entsprechende Anfrage an Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) gestellt. „Ja, das ist wichtig. Fördermittelgeber sei aber der Kreis – in Abstimmung mit dem Staatsministerium“, fasst das Gemeindeoberhaupt den Inhalt des Briefes aus der Landeshauptstadt zusammen. Auf das daraufhin an Landrat Frank Vogel (CDU) nach Annaberg-Buchholz geschickte Schreiben habe er noch keine Antwort erhalten, sagt der Bürgermeister. André Beuthner von der Pressestelle des Landratsamtes erklärt auf Nachfrage, dass über die Möglichkeit einer 90-prozentigen Förderung derzeit Abstimmungen mit dem Sächsischen Staatsministerium des Innern liefen.
Der Vorsitzende des Kreisfeuerwehrverbandes: Die Chance, in den Genuss einer 90-prozentigen Förderung zu kommen, sei vorbei, meint dagegen Gunnar Ullmann. Der Sonderfördertopf des Freistaates für etwa durch Hochwasser geschädigte Kommunen sei schon wieder geschlossen worden, so der Vorsitzende des Kreisfeuerverbandes Erzgebirge weiter. Nach seiner Kenntnis hätten sowohl der Freistaat als auch der Landkreis den Neubau eines Depots in Hohndorf auf der Prioritätenliste. Die Umsetzung sei bisher jedoch an der kommunalen Eigenfinanzierung gescheitert. „Großolbersdorf muss die Eigenmittel aufbringen, auch wenn es nicht leicht ist“, sagt Ullmann. Die Situation sei prekär, es bestehe dringend Handlungsbedarf, schätzt der Grünhainichener ein. Die Gemeinde dürfe den Fortbestand der „gut aufgestellten Truppe“ nicht aufs Spiel setzen. Vielleicht tue es ja auch eine preiswertere Variante. „In Satzung zum Beispiel ist ein neues Feuerwehrdepot für 800.000 Euro gebaut worden.“
Die Herausforderung: Die Lage wirke sich negativ auf die Nachwuchsarbeit aus, sagt Robin Schreiter. 17 Jugendliche und 13 Kinder hielten gegenwärtig zur Stange, berichtet der Jugendleiter der Hohndorfer Ortswehr. Die Ausbildungsmöglichkeiten seien in den Notunterkünften nur begrenzt. „Das Möbelhaus ist längst wieder fertig, nur bei uns dreht sich nichts“, fügt Kenny Langer hinzu. Dabei sei Brandschutz eine Pflichtaufgabe der Gemeinde, so der 29-Jährige weiter.
Zwei bis drei Jahre werde es wohl noch dauern, bis die Hohndorfer aus ihrem Provisorium ausziehen können, hatte Bürgermeister Uwe Günther bei einer Gemeinderatssitzung im März 2017 gesagt – und in einem Interview im Februar 2018: „Das abgebrannte Feuerwehrgerätehaus durch einen Neubau zu ersetzen, gehört für mich zu den größten Herausforderungen dieses Jahres.“