Im Erzgebirge kracht es häufiger
Die Anzahl der Unfälle in der Region ist wieder angestiegen. Ein Fahrlehrer sagt: Rasen und Drängeln sind an der Tagesordnung.
Von Jürgen Freitag
erschienen am 31.03.2018
zum Foto: Ein schwerer Unfall ereignete sich im Dezember vergangenen Jahres zwischen Zwönitz und Grünhain. Ein Auto war von der Staatsstraße 270 abgekommen und hatte sich überschlagen. Zwei Personen wurden verletzt. Foto: Jens Uhlig
Aue/Schwarzenberg. Tote, Verletzte, verbeulte Autos: Immer wieder krachte es auf den Straßen im Erzgebirgskreis, im vergangenen Jahr exakt 8229 Mal. Das zeigen jetzt neue Zahlen des Statistischen Landesamtes. Im Vergleich zum Jahr 2016 ist die Anzahl der Karambolagen damit erstmals wieder leicht gestiegen, um gut 2,6 Prozent.
2016 hatten sich auf den Straßen in der Region nur 8021 Unfälle ereignet. Dass es eine Steigerung gab, ist insofern erstaunlich, da die Unfallzahlen sachsenweit zuletzt leicht rückläufig waren. 2017 hatte die Polizei im Freistaat mit 109.623 Verkehrsunfällen rund 100 Fälle weniger gezählt als im Vorjahr.
Auffällig: Sowohl im Freistaat als auch in der Region geht die Anzahl der Schwerverletzten und Todesopfer seit einigen Jahren zurück. So kamen im Jahr 2016 im Erzgebirge laut Statistik 20 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben, 2017 waren es nur 12. Die Anzahl der Schwerverletzten sank in der gleichen Zeit von 371 auf 322 Personen.
Daten, die sich mit Erfahrungen von Enrico Mann decken. Er ist als Fahrlehrer für die Fahrschule Uwe Hübner in der Region Aue-Schwarzenberg unterwegs und sagt: Die Sicherheitstechnik im Auto werde immer ausgefeilter. Moderne Brems- und Abstandsassistenten hielten in mehr und mehr Fahrzeugen Einzug und verhinderten Schlimmeres. „Irgendwann übernimmt die Technik sicher komplett. Das autonome Fahrer verspricht deutlich mehr Sicherheit“, sagt er. Offenbar verleitet die moderne Technik aber den einen oder anderen Autofahrer zu riskanten Fahrmanövern. Denn wie Fahrlehrer Mann bemerkt hat, werden die Straßen heute zunehmend zu einem „rechtsfreien Raum“.
„Rasen und drängeln erlebe ich heute in jeder Fahrstunde“, sagt Mann. Selbst hinter dem Fahrschulauto werde oftmals nur wenige Meter Abstand gehalten. „Ich habe inzwischen das Gefühl, dass jeder macht, was er will.“
Laut Polizei zählen zu den drei häufigsten Unfallursachen der vergangenen Jahre ein falscher Sicherheitsabstand, zu schnelles Fahren und Fehler beim Wenden und Rückwärtsfahren. Mit groß angelegten Kontrollen wie zuletzt an der Bundesstraße 174 in Zschopau und an der Bundesstraße 101 in Pockau versuche man gegenzusteuern, erklärt ein Sprecher.
Warum ausgerechnet im vergangenen Jahr die Unfallzahlen im Erzgebirge angestiegen sind, ist Experten ein Rätsel. Annerose Lühr leitet die Unfallkommission des Landkreises, die versucht, sogenannte Unfallschwerpunkte zu entschärfen. Sie sagt: „Es könnte an der Witterung oder an einigen Umleitungen gelegen haben.“ Seriös ließe sich die Frage nicht beantworten. Aber auch Lühr hat bemerkt, dass die Anzahl der schweren Unfälle insgesamt zurückgeht. Das habe viele Gründe, sagt sie. Neben der neuen Sicherheitstechnik im Auto etwa, dass mehrere Unfallschwerpunkte im Kreis beseitigt wurden.
So war an einer Kreuzung des Autobahnzubringers Schneeberg nach mehreren Karambolagen unter anderem die Geschwindigkeit auf Tempo 50 reduziert worden. Und an der unfallträchtigen Ortsumgehung Elterlein (S 258) stellte man zwei feste Blitzer auf. „Und seitdem ist das Unfallgeschehen spürbar zurückgegangen“, erklärt Lühr.
Bild: Jens Uhlig